Analoger Touch

Analoger Touch

Als ich die erste PEN-F im Dezember 2015 vorab in die Hand bekam, war mir ziemlich schnell klar, was ich da in den Fingern hatte. Der Trick war das Rädchen an der Vorderseite – und die Schaltwippe unter dem Moduswahlrad. Ich war damals relativ neu in meinem Studio in Rocksdorf und seitdem ich Klaus Voormann fotografiert hatte (und er meine Bilder gut fand.) ein bisschen in dieser Zeit verhaftet. Die Fotografin der damaligen Clique war Astrid Kirchherr, also habe ich deren Bilder der Beatles analysiert – wobei ich natürlich auf Reproduktionen aus dem Web angewiesen war. Ich habe das 25 1,8 drangeflanscht und losgelegt. Als Hommage an Klaus Voormann hängt an der Wand hinten das Cover der Revolver. Der Framus-Bass ist allerdings aus den 70ern – man kann nicht alles haben.

Klar, ich habe jetzt nicht das Umfeld, in dem sich Kirchherr damals bewegt hat. Es ist also nur eine Art Simulation. Aber ich hatte die Kamera ja auch gerade 48 Stunden – und ich musste mich ja erst rantasten. Also habe ich versucht, die harten Schatten Kirchherrs an der Kamera einzustellen ohne die Zeichnung in den Gesichtern zu verlieren. Diese „dunkle“ Anmutung der Bilder zu erreichen.

Was mir auf jeden Fall zu diesem Zeitpunkt schon bewusst wurde: Das ist ein Wundertüte.

Und wenn man sich dem Style eines Fotografen (generisches Maskulinum) nähern will, führt der Weg nicht über Photoshop sondern über so eine Kamera. Man sieht sofort, ob man sich mit Motiv, Licht und Perspektive der gewollten Stimmung nähert oder ob man lieber was anderes probiert. Denn das Bild entsteht halt nun mal im Dialog mit dem Motiv und nicht im Dialog mit einer Software. Klar kann man noch an den Grauwerten drehen – das Display der PEN-F ist kein kalibrierter Monitor unter Normlicht. Aber ob das Bild funktioniert, ist eben vor Ort schon festzustellen.

Was ich nie verwendet habe, waren die „Default“-Werte, die bei der PEN-F mitgeliefert werden. Denn die PEN-F ermöglicht es gerade, einen eigenen Style zu kreieren. Es handelt sich nicht um eine „Filmsimulation“, wie die Presse oft geschrieben hat. Das ist ein komplettes Fotolabor im Taschenformat. Zusammen mit einem ganzen Schubkarren voller Vorsatzfilter.

Die nächste PEN-F

Die nächste PEN-F

Als die PEN-F abgekündigt wurde, kamen die ersten Fragen nach einem Nachfolger auf. Mit Phasen-AF, mit 4K und natürlich mit neuen Kreativfunktionen. Eben eine PEN-F mit neuem Motor.

In Tokio hatte man auch schon entwickelt, aber man war sich nicht sicher, ob man sie verkaufen konnte, der Marketingchef, der schon die erste nicht verstanden hatte, war dagegen und dann kam der Verkauf der Imaging-Sparte dazwischen. Man stopfte ein paar Gene aus der PEN-F in die E-P7 und dachte, die PEN-F-Fans würden es OMDS abkaufen. Die kratzten sich am Kopf und schüttelten denselben.

Als man dann das Thema PEN-F wieder aufnahm, war die vorher entwickelte Kamera veraltet.

Also baute man einen neuen PEN-F – Prototypen. Schneller. Mit nochmal mehr PS unter der Haube. Nicht ganz billig, aber guuuut.

Man fragte in den einzelnen Regionen rum, ob man so ne Kamera verkaufen könne. Und wieviel. Die Antworten waren ernüchternd. Die MarketingchefInnen hatten ja schon die erste PEN-F nicht verstanden und konnten sich nicht vorstellen, eine neue PEN-F zu verkaufen.

Künstler als Kunden für eine Kamera? Nee. Künstler kaufen Leica – oder notfalls noch Fuji. Aber doch keine PEN-F.

Ja- wenn man den Künstlern nicht zeigt, was es da gibt – dann werden sie es auch nicht kaufen….

Die nächste PEN-F steht nun in den Startlöchern. Es muss sie nur jemand rennen lassen.

Die PEN-F

Die PEN-F

Im Jahre 2015, kurz vor Weihnachten, belieferte Olympus ausgewählte Fotografen mit einer völlig neuen Kamera. Man bekam kommentarlos eine kleine, hübsche 20Megapixel-mFT-Kamera geleifert, mit einem kleinen Drehrad an der Vorderseite. Dem „Creative Dial“.

Die meisten missverstanden das Wahlrad als Wahlschalter für „Filmsimulationen“, wie sie schon Fuji in seine Kameras eingebaut hatte.

Offensichtlich hatte auch das Olympus-Marketing die Kamera nicht verstanden, denn als die PEN-F dann im Januar 2016 in Zürich präsentiert wurde, war das Keyfeature nicht das „Creative Dial“, das Fantastillionen von Möglichkeiten eröffnete, sondern die Tatsache, dass man an der Kamera keine Schrauben sah. Der Claim war „This Beauty is a Beast“. Man verkaufte also eine 20MP-Kamera mit einem durchaus stolzen Preis, die weder schnellen Autofokus noch hohe Bildrate und noch nicht einmal 4K konnte. Sie sah hübsch aus und – keine Schrauben.

Die Verkäufe blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück . Der Vertrieb wollte die Kamera für 899,- verticken, aber die Fertigung war so aufwendig, dass sich die Zentrale weigerte.

Nach Jahren sickert dann, auch durch Artikel bei pen-and-tell, durch, welche Möglichkeiten die Kamera bietet.

Sie ist das Equivalent einer Staffelei und einem ganzen Koffer an Farben und einem Dutzend Pinseln. Die PEN-F ist das Werkzeug, mit dem man sich vor das Motiv setzt und kuckt und komponiert und dann die Kamera vors Auge nimmt, mit Farben und Kontrasten spielt und zum Schluss auslöst.

Wer einmal verstanden hat, wie die PEN-F funktioniert, gibt sie nicht mehr her. Die Gebrauchtpreise liegen heute noch teils über 800 Euro – für eine mittlerweile sieben Jahre alte Kamera. Viele kaufen sich eine Zweite – falls die erste mal ausfällt. Als die letzten PEN-F neu verkauft wurden, lagen die Preise oberhalb des ursprünglichen UVP.